Stimmsysteme von Mehrkammern-Okarinas
Mehrkammer-Okarinas stellen eine Weiterentwicklung des Einzelkammer-Designs dar. Sie erweitern den Tonumfang, sodass eine größere Vielfalt an Musik darauf gespielt werden kann.
Aufgrund physikalischer Gegebenheiten kann mit einer einzelnen Kammer nur eine kleine Anzahl von Noten gespielt werden. Mehrkammer-Okarinas umgehen diese Einschränkung, denn sie enthalten mehrere Kammern verschiedener Größe. Jede Kammer stellt jeweils nur einen kleinen Teil des gesamten Tonumfangs bereit, ähnlich wie die Saiten auf einer Gitarre in unterschiedlichen Tonhöhen klingen.
Die erste Kammer (im Bild unten mit 1 bezeichnet) ist fast identisch mit einer Einzelkammer-Okarina. Eine Zweikammer-Okarina (im Bild unten mit 2 bezeichnet) enthält eine zusätzliche Kammer, deren Löcher von der rechten Hand verwendet werden. Dreikammer-Okarinas enthalten einfach eine weitere Kammer.

Jede Kammer hat ihren eigenen Windkanal und ihr eigenes Klangsystem. Beim Spielen greifen Sie die gewünschte Note auf einer bestimmten Kammer und blasen in den entsprechenden Windkanal. In der Regel wird jeweils nur in eine Kammer geblasen, obwohl in einigen Situationen auch zweistimmig mit einem Instrument gespielt werden kann.

Mehrkammer-Okarinas haben sowohl offensichtliche als auch weniger offensichtliche Vorteile gegenüber Instrumenten mit einer Kammer.
- Sie bieten einen viel größeren Tonumfang. Damit kann eine viel höhere Bandbreite an Musik darauf gespielt werden, ohne sie an das Instrument anpassen zu müssen.
- Sie ermöglichen Herstellern mehr Kontrolle über die Klangqualität. Da jede Kammer nur einen kleinen Teil des gesamten Tonumfangs bereitstellen muss, können Hersteller jeweils den Teil mit der besten Klangqualität wählen. Die höheren oder tieferen Bereiche, die vielleicht unerwünschte klangliche Eigenschaften aufweisen, können dann verworfen werden.
- Sie bieten mehr Vielfalt in der Klangfarbe. Der vorherige Punkt führt dazu, dass Hersteller auch mehr Möglichkeiten haben, den klanglichen Charakter ihrer Instrumente zu gestalten. Für das Klangsystem können Designs verwendet werden, die den Tonumfang einer Einzelkammer-Okarina einschränken würden.
- Eine verbesserte Ergonomie. Aufgrund ihrer Funktionsweise kann bei Mehrkammer-Okarinas auf ein rechtes Daumenloch verzichtet werden.
Kein Loch für den rechten Daumen zu haben, ist ein bedeutender Vorteil. Wenn er nicht zur Tonerzeugung genutzt wird, kann der rechte Daumen das Instrument stützen, wie es bei anderen Blasinstrumenten der Fall ist. Solange die Okarina so konzipiert ist, dass sie auf dem rechten Daumen im Gleichgewicht liegt, ist die Unterstützung des Instruments trivial.

Die Stimmung von Mehrkammer-Okarinas
Für die Stimmung von Mehrkammer-Okarinas werden verschiedene Systeme verwendet, von denen das Vicinelli- und das Pacchioni-System am häufigsten vorkommen. Das Vicinelli-System wird auch als asiatisches System bezeichnet, da es das Standarddesign bei massenproduzierten asiatischen Instrumenten ist.
- Das Vicinelli- oder asiatische System ist hauptsächlich auf die Maximierung des Tonumfangs ausgelegt.
- Das Pacchioni-System zielt auf den Komfort des Spielers ab und bietet Funktionen, die das Spielen komplexer Musik erleichtern und mehr Harmonien zwischen den Kammern ermöglichen.
Im Folgenden werden die Tonumfänge der Kammern für eine Alt-Okarina in C erklärt, obwohl auch Mehrkammer-Okarinas in anderen Tonart-Stimmungen hergestellt werden. Die gezeigten Bereiche dienen jedoch nur als Beispiel, denn der Tonumfang kann zwischen den Herstellern um ein oder zwei Noten variieren. Um ihn sicher zu ermitteln, können Sie die Griff-Tabelle für Ihr Instrument zurate ziehen.
Beachten Sie auch, dass in diesem Artikel nur die Tonumfänge behandelt werden. Die Griffe werden in Griffe für Mehrkammer-Okarinas diskutiert.
Erste Kammer
Das Design der ersten Kammer ist fast identisch mit demjenigen einer Einzelkammer-Okarina, mit einem kleinen Unterschied am oberen Ende. Da den Mehrkammer-Okarinas in der ersten Kammer ein Loch für den rechten Daumen fehlt, hat diese Kammer nur einen Tonumfang von einer Oktave und einer Note. Bei einer Okarina in C entspricht dies den Noten C bis D eine Oktave höher.

Mehrkammer-Okarinas haben oft ein oder zwei Unterlöcher, die den Tonumfang bis zum tiefen H oder A erweitern. Anders als bei Einzelkammer-Instrumenten wirken sie sich bei einer Mehrkammer-Okarina nicht so nachteilig auf die Klangqualität aus.
Bei einem Instrument in C ist die höchste auf der ersten Kammer spielbare Note in der Regel ein D♯ (Dis), das mit dem linken kleinen Finger gespielt wird. Die Note kann auch auf E gestimmt werden, wodurch die erste Kammer eine zusätzliche Note erhält, aber dadurch wird das Loch für den kleinen Finger übermäßig groß.
Höhere Kammern im Vicinelli- oder asiatischen System
Zweite Kammer
Im Vicinelli- oder asiatischen System wird die zweite Kammer als lineare Erweiterung der ersten gestimmt. Wie oben erwähnt, ist die höchste diatonische Note der ersten Kammer im Allgemeinen das D. Die zweite Kammer beginnt mit dem E und reicht nach oben bis zum C eine Oktave höher.
Eine Zweikammer-Okarina mit asiatischer Stimmung hat einen Gesamttonumfang von zwei Oktaven.


Dritte Kammer
Bei einer Okarina mit Vicinelli- oder asiatischer Stimmung fahren die Noten der dritten Kammer sofort nach dem C der zweiten Kammer fort. Der Tonumfang dieser Kammer reicht von D bis A, sodass das gesamte Instrument einen Gesamttonumfang von etwa zwei Oktaven und einer Sexte hat.


Vierte Kammer
Vierkammer-Okarinas nach dem Vicinelli- oder asiatischen System kommen selten vor. Sie würden jedoch dem gleichen Muster folgen.
Ein solches Instrument hätte einen Gesamttonumfang von etwa dreieinhalb Oktaven.


Höhere Kammern beim Pacchioni-System
Die zweite Kammer
Im Pacchioni-System wird die zweite Kammer eine Oktave höher als die erste gestimmt. Wenn die erste Kammer in C gestimmt ist, beginnt die zweite mit dem C eine Oktave höher.
Im Vergleich zum asiatischen System wird der Tonumfang um zwei diatonische Noten reduziert, was einem Gesamttonumfang von einer Oktave und einer Sexte entspricht. Das Instrument erhält jedoch zwei Noten, die sich zwischen den Kammern überlappen. Das hohe C und das D (im Diagramm hervorgehoben) können sowohl auf der ersten als auch auf der zweiten Kammer gespielt werden.


Diese Überschneidung ist aus mehreren Gründen hilfreich:
- Da Melodien sich oft in der Nähe der Akkordtöne bewegen, erhöht die Überlappung die Wahrscheinlichkeit, dass eine benötigte Note in derselben Kammer vorhanden ist, wodurch Kammerwechsel reduziert werden.
- Sie erhalten mehr Freiheit, Kammerwechsel an Stellen durchzuführen, die mit den Grenzen zwischen den Phrasen der Musik übereinstimmen.
- Auch bestimmte Ornamente werden einfacher, etwa ein Triller zwischen dem hohen D und E auf einem Instrument in C. Beide Noten existieren auf der zweiten Kammer einer Okarina nach dem Pacchioni-System.
Beachten Sie, dass Okarinas nach dem Pacchioni-System in höheren Kammern ein Nebenloch enthalten können. Dadurch entsteht ein Halbton, der unterhalb der hier und im Folgenden angegebenen Bereiche liegt. Dieses Loch befindet sich zwischen den Klanglöchern zweier Kammern und wird mit dem linken Daumen gespielt.
Die folgende Melodie verdeutlicht die Reduzierung der Kammerwechsel. Die Bindebögen zeigen Abschnitte an, die auf der zweiten Kammer gespielt werden. Diese Melodie wird normalerweise in D gespielt und funktioniert zuverlässig auf einer Zweikammer-Okarina in D nach dem Pacchioni-System. Ich habe die Partitur aus Konsistenzgründen einen ganzen Ton nach unten transponiert.
Si Beag Si Mor

Die dritte Kammer
Bei einer Dreikammer-Okarina nach dem Pacchioni-System hat die dritte Kammer einen Tonumfang von etwa F bis C. Dabei überlappen sich die untersten beiden Töne mit den obersten beiden der zweiten Kammer.
Bei einer solchen Okarina hat die zweite Kammer kein Daumenloch, da diese Note auf der dritten Kammer vorhanden ist. In der Regel befindet sich neben dem Klangloch ein Nebenloch für den Daumen, welches ein E erzeugt, das sich mit dem E auf der zweiten Kammer überschneidet.
Eine Dreikammer-Okarina, die nach dem Pacchioni-System gestimmt ist, hat einen Tonumfang von zwei Oktaven.


Vierte Kammer
Die vierte Kammer auf einem Instrument in C beginnt mit einem A♯ (Ais). Dies mag ungewohnt erscheint, liegt jedoch daran, dass diese Kammer die gleichen Griffe erfordert und die gleichen Abstände hat wie die unteren drei Kammern. In Griffe für Mehrkammer-Okarinas wird dieses System ausführlicher behandelt.
Eine Vierkammer-Okarina, die nach dem Pacchioni-System gestimmt ist, hat einen Tonumfang von zwei Oktaven und einer Quarte.

