Das Griffsystem der Okarina
Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass Sie Oktavenregister kennen und wissen, wie sie benannt werden. Falls Sie noch nicht so weit sind, lesen Sie bitte über Oktaven und die Bildung von Tonleitern.
Bei transversalen Okarinas wird ein einfaches, lineares Griffsystem verwendet, ähnlich wie bei der Zinnpfeife und der Böhmflöte (moderne Querflöte). Das Öffnen der Löcher eines nach dem anderen erzeugt die Noten einer Dur-Tonleiter in der Stimmungstonart des Instruments.
Einkammer-Okarinas haben acht Hauptlöcher auf der Oberseite des Instruments und zwei Daumenlöcher (ein Loch für jeden Finger und beide Daumen), die in der folgenden Abbildung beschriftet sind. Diese zehn Löcher sind allen Einkammer-Okarinas gemeinsam, unabhängig davon, ob es sich um eine 10-, 11- oder 12-Loch-Okarina handelt.

Es können auch drei weitere Arten von Löchern auf Okarinas vorkommen:
- Das Schallloch, welches immer vorhanden ist. Hier wird der Klang erzeugt, daher sollte das Loch während des Spielens niemals bedeckt werden.
- Nebenlöcher: Okarinas können ein, zwei oder (selten) drei Nebenlöcher enthalten. Eines davon wird unten gezeigt. Ein Nebenloch ist ein zusätzliches Loch, das neben einem der acht Hauptfingerlöcher positioniert ist und es Ihnen ermöglicht, tiefere Noten zu spielen.
- Geteilte Löcher: Ein geteiltes Loch ist ein einzelnes Loch, das auf zwei kleinere Löcher aufgeteilt wurde, um das Spielen von erhöhten oder erniedrigten Tönen zu erleichtern. Die geteilten Löcher sollten nicht mit den Nebenlöchern verwechselt werden, da sie den Tonumfang des Instruments nicht verändern.
Unter normalen Umständen können Sie ein geteiltes Loch als einzelnes Loch behandeln. Beide Löcher werden mit der Fingerbeere des kleinen Fingers bedeckt. Auch in der jeweiligen Namenskonvention zählen geteilte Löcher als einzelnes Loch. Während eine 11-Loch-Okarina mit einem geteilten Loch technisch gesehen zwölf Löcher hat, die von den Fingern bedeckt werden müssen, ist es in Benennung und Praxis immer noch eine 11-Loch-Okarina.

Die Grundtöne
Die zehn Hauptfingerlöcher (ohne etwaige Unterlöcher) können als ›Heimatbasis‹ betrachtet werden. Wenn alle bedeckt sind und der richtige Blasdruck verwendet wird, erzeugt die Okarina den Grundton C, wenn sie in C gestimmt ist.
Die folgenden Diagramme zeigen äquivalente Fingersätze für eine 10-Loch-Okarina mit einem geteilten Loch für den kleinen Finger und eine 12-Loch-Okarina. Schwarz bedeutet, dass das Loch bedeckt ist, und weiß bedeutet, dass es offen ist.
Die Kreise neben dem Diagramm stellen die beiden Daumenlöcher dar.


Die rechte Hand
Mit dem oben gezeigten Griffsystem können Sie eine Dur-Tonleiter spielen, indem Sie Ihre Finger von rechts nach links nacheinander heben. Die Griffe lauten wie folgt:
- Mit dem dargestellten Griff erzeugen Sie den ersten Ton (Grundton) der Tonleiter.
- Beim Anheben des rechten kleinen Fingers erklingt der zweite Ton der Tonleiter.
- Beim Anheben des Ringfingers erklingt der dritte Ton.
- Beim Anheben des Mittelfingers erklingt der vierte Ton.
- Schließlich erklingt beim Anheben des Zeigefingers der fünfte Ton.

Die folgenden Beispiele zeigen eine Okarina in C, aber die gleichen Griffe gelten für die Okarinas in allen anderen Stimmungen. Ersetzen Sie einfach die Noten mit jenen in der Stimmung Ihrer Okarina, zum Beispiel G, A, H, C, D, E, F♯, G für eine Okarina in G. Beachten Sie, dass sich ein tiefes C im Notensystem technisch auf C4 oder das mittlere C bezieht. Auf einer Okarina wird dieses C typischerweise als ›tiefes C‹ bezeichnet, unabhängig von der tatsächlichen Oktave.
Die linke Hand
Die Griffe für die linke Hand folgen dem gleichen Muster des Anhebens der Finger von rechts nach links, aber als erster Finger wird der Ringfinger angehoben, nicht der kleine Finger! Der kleine Finger bleibt unten, um das Instrument zu stützen.

Die zweite Oktave
Für die zweite Oktave gibt es zwei verschiedene Griffsysteme: das asiatische und das italienische. Das asiatische System ist das gebräuchlichste, und die hohen Töne werden wie folgt gespielt:
- Die zweite Oktave beginnt mit dem Anheben des linken Daumens, um das D zu spielen.
- Dann wird der rechte Daumen angehoben oder abgerollt, um das E zu spielen.
- Schließlich wird der linke kleine Finger gehoben, um mit dem F die höchste Note zu spielen.

Der italienische Griffsatz ist fast identisch und kehrt nur die Reihenfolge von zwei Noten um. Anstatt für das E den rechten Daumen zu heben (unter der Annahme eines in C gestimmten Instruments), heben Sie den kleinen Finger.

Das italienische System ermöglicht es, eine weitere Note zu spielen, ohne den rechten Daumen zu bewegen und damit den primären Stützpunkt des Instruments entfernen zu müssen. Der Nachteil dieses Systems ist, dass das Loch für den kleinen Finger viel größer sein muss. Dies ist unpraktisch für tiefer gestimmte Okarinas und kann für Menschen mit kleinen Händen ein Problem darstellen.
Anmerkungen zu den Nebenlöchern
Viele Okarinas haben Nebenlöcher, die den Tonumfang nach unten erweitern. Zum Beispiel können auf einer in C gestimmten 12-Loch-Alt-Okarina das H und das A unter dem tiefen C gespielt werden. Sie werden gespielt, indem der Finger nach vorn geschoben wird und so zwei Löcher mit der Fingerbeere eines Fingers bedeckt werden.
Die Griffe für eine 12-Loch-Alt-Okarina in C sind unten dargestellt.

Die Nebenlöcher können für verschiedene Finger positioniert werden. Im taiwanesischen System wird für die Mittelfinger beider Hände jeweils ein Nebenloch platziert. Erscheint stattdessen das zweite Nebenloch in der Position für den rechten Zeigefinger, hat die Okarina ›japanische‹ Unterlöcher.
Die Zahlen im Diagramm geben an, in welcher Reihenfolge die Löcher bedeckt werden müssen, um der diatonischen Tonleiter nach unten zu folgen.


Die 11-Loch-Okarina ist eine Variante, bei der auf das zweite Nebenloch verzichtet wird. Das einzelne Nebenloch kann auf beiden Seiten platziert werden, aber auf der Seite für die linke Hand kann es ergonomische Vorteile haben.
Nebenlöcher werden meistens für tiefere Töne verwendet. Beim linken Mittelfinger positioniert, teilt das Nebenloch die Arbeit zwischen den Händen auf.


Die chromatischen Töne
In den meisten Fällen gibt es für die chromatischen Töne der Okarina keine eigenen Löcher. Diese Töne werden mithilfe sogenannter Kreuzgriffe gespielt, bei denen die Löcher anders als in der linearen Reihenfolge bedeckt werden.
Im Folgenden werden einige beispielhafte Kreuzgriffe gezeigt. Beachten Sie jedoch, dass die Griffe mit der besten Tonhöhe zwischen den Okarinas variieren, vor allem zwischen Okarinas, die in verschiedenen Oktaven gestimmt sind. Ich empfehle, stattdessen die Griffe in der Grifftabelle für Ihre Okarina zu verwenden.

Wie gezeigt, sind geteilte Löcher bei 10-Loch-Okarinas üblich, da ansonsten die einzige Möglichkeit für erhöhte Töne darin besteht, ein Loch teilweise zu bedecken. Auf einer Okarina mit Nebenlöchern können auch die erniedrigten Töne gespielt werden.
Aus demselben Grund wie bei den 10-Loch-Okarinas befinden sich geteilte Löcher auch auf den höheren Kammern von Mehrkammern-Okarinas, wenn keiner der linearen Griffe die richtige Tonhöhe erzeugt.
Alternative Griffe
Da die Tonhöhe einer Okarina hauptsächlich von der Gesamtfläche der offenen Fingerlöcher abhängt, können Sie bestimmte Noten oft mit alternativen Griffen spielen. Diese sind manchmal in der Grifftabelle für Ihr Instrument angegeben, aber oft müssen Sie sie durch Probieren herausfinden.
Alternative Griffe können aus verschiedenen Gründen verwendet werden, etwa um eine schnelle Passage einfacher zu spielen oder Mikrotöne zu erzeugen (Töne, deren Tonhöhe zwischen den ›Standardtönen‹ liegt).
Sie sind möglicherweise nicht so gut abgestimmt wie die Standardgriffe und können eine unregelmäßige Änderung des Atemdrucks erfordern. Wenn sie Ihnen jedoch ein einfacheres Spiel erlauben, spielt das keine Rolle. Bei schnellen Passagen sind rhythmische Fehler oft deutlicher bemerkbar als die Tonhöhen einzelner Noten.
Wenn Sie gerade anfangen, können Sie die alternativen Griffe jedoch ignorieren. Ihr Sinn wird sich Ihnen später erschließen, wenn Sie sie wirklich benötigen.